22. Oktober 2023; 29. Sonntag im Jahreskreis

Evangelium nach Matthäus 22, 15-22
Darf man dem Kaiser (dem weltlichen Regenten) Steuern bezahlen.

Auslegung und Deutung

Das jüdische Volk dieser Zeit stellte sich das Gottesreich als ein irdisches, weltliches Reich vor, im dem ein "von Gott Gesandter" regiert. Daraus leiteten sie ab, dass ein Kaiserreich - zum Beispiel das Römische Reich - nicht gleichzeitig daneben existieren könnte. In weiterer Folge war es für die Juden logisch, dass man entweder dem Kaiser oder Gott "Steuern" abzuliefern habe. Aber sicher nicht beiden gleichzeitig.

Diese Denkweise war die Motivation für die Frage an Jesus: Sag uns, ist es erlaubt, dem Kaiser Steuer zu zahlen, oder nicht?

Die Einleitung zur Frage an Jesus durch die Pharisäer, die sie ja nicht einmal selbst an ihn gerichtet hatten, beinhaltet schon eine Aussage über Jesus: Er lehre die Wahrheit und zeige wirklich den Weg Gottes. Und dies lehre er ohne auf jemanden Rücksicht zu nehmen und ohne Ansehen der Person.

Versuchen wir, uns in die Lage Jesu zu versetzen. Viele Menschen versammeln sich um uns. Es sind Menschen von hohem Ansehen in der gesellschaft dabei. Sie sprechen laut für jedermann hörbar Lob über dich und deine Weisheit aus. Damit erreichen sie, dass dein Selbstwertgefühl schlagartig in die Höhe schießt.

In einer solchen Situation ist es nicht leicht, einen klaren Kopf zu bewahren. Das aufsteigende Glückshormon im Zaume zu halten und kühl und trocken in den Gadanken zu hinterfragen: Was wollen die Menshcen da wirklich von mir?

Jesus war ein Meister dieses Faches. Ja, er war auch Gott, genauso aber auch Mensch. Er hatte genauso wie wir Gefühle. Bei einer solche Lobhudelei kann man sich gut vorstellen, dass es auch ihm nicht so leicht gefallen ist, kühlen Kopf zu behalten. Sehr erfahrene Menschen mit viel Routine mögen vielleicht ähnlich wie Jesus die Fähigkeit sich angeeignet haben, bei solchen Fragestellungen den Fallstrick zu erkennen. Jesus hat den Fallstrick erkannt! Er war ein Kenner des Denkens in der Gesellschaft und verfügte über die Gabe, sich sehr gut in seine Gesprächspartner hineinfühlen zu können. Daher, kann man sagen, war ihm der Hintergrund der Rede seiner Gesprächspartner sofort bewußt. Nämlich:

  • Weltherrschaft und Gottesherrschaft schließen sich gegenseitig aus
  • Der Mensch kann nicht 2 Herren gleichzeitig dienen
  • beide Reiche sind von "irdischer" Natur

Jesus, als der Sohn Gottes, der Messias, wüßte natürlich genau Bescheid über die Natur des Reiches Gottes. Dass nämlich das Reich Gottes, das Himmelreich kein Reich von dieser Welt ist. Obwohl Jesus genau diese Aussage zuvor schon öfters gemacht hatte, wurde es offenbar noch von niemandem verstanden, realisiert, wie man heute zu sagen pflegt. Jesus streicht hervor, jedem zu geben, WAS IHM ZUSTEHT.

Gib dem weltlichen Kaiser, was ihm an Weltlichem zusteht und gib Gott, was ihm an Geistlichem, was in meinem Herzen ist, zusteht. Die Gesetze des Staates bieten den Rahmen für das gesellschaftliche Zusammenleben. Rechte und Pflichten sind Teil unseres Lebens und es gehört dazu, sich in diesen Strukturen zurecht zu finden.
Wir haben unser Leben von Gott. Daher gehören wir zu Gott und sollen uns ihm mit jeder Faser unseres Seins zuwenden. Lernen wir, uns von Seinen Maßstäben leiten zu lassen. Dann wird uns Gott auch die Fähigkeit(en) schenken, mit den weltlichen Anforderungen zurecht zu kommen, soferne diese nicht den göttliche Maßstäben (z.Bsp. 10 Gebote) widersorechen.

Aus dieser Geschichte können wir unter anderem lernen, dass wir durch unsere allumfassende Zuwendung zu Gott, von ihm die Kraft und die Fähigkeit bekommen, mit allen weltlichen Anforderungen gut umgehen zukönnen, beziehungsweise solchen Anforderungen gegebenefalls auch erfolgreich widerstehen zu können.

Gerhard Neurohr

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